Frau des Monats Juni 2021: Uta Ranke-Heinemann

02.Juni 2021 | Frau des Monats

Uta Ranke-Heinemann, geb. Heinemann

 

Geboren am 2. Oktober 1927 in Essen

Gestorben am 25. März 2021 in Essen

Deutsche Katholische Theologin, Autorin und Kirchenkritikerin

Uta Ranke-Heinemann wurde am 2. Oktober 1927 in Essen geboren. Sie war die älteste Tochter des ehemaligen Bundespräsidenten Gustav Heinemann und seiner Frau Hilda. Ihre Familie war tief evangelisch geprägt. Während des Krieges musste die Familie nach Winterberg umsiedeln, zwischenzeitlich ging die wissbegierige Uta Ranke-Heinemann in Marburg zur Schule. 1945, zurück in Essen, erwirkte sie eine Sonderzulassung, um am Burggymnasium, einer reinen Jungenschule mit 800 Jungen, zur Schule gehen zu dürfen. Dort war sie 1947 die erste weibliche Abiturientin und bestand ihr Abitur „mit Auszeichnung“.

Nach dem Abitur begann sie evangelische Theologie zu studieren. Sie studierte in Basel, Bonn, Oxford und Montpellier bis 1953. Im September 1953 konvertierte sie zum Katholizismus, was auch einen starken Bruch mit ihrem Elternhaus darstellte, schließlich war ihr Vater der Präses der Synode der Evangelischen Kirche in Deutschland. Sie empfand die evangelische Kirche als intolerant und einengend. Später formulierte sie in einem Lebensrückblick allerdings, sie sei durch ihre Konversion „vom Regen in die Traufe gekommen“.

Sie studierte fortan katholische Theologie in München, ein Kommilitone von ihr war Joseph Ratzinger, der spätere Papst Benedikt XVI. 1954 promovierte sie zur Dr. theol. magna cum laude. Im selben Jahr heiratete sie auch ihren ehemaligen Klassenkameraden Edmund Ranke, „die Liebe ihres Lebens“. Ihr Mann war ebenfalls römisch-katholisch und arbeitete als Religionslehrer. Auch diese Ehe ging gegen den Willen des Vaters Gustav Heinemann. Mit Edmund Ranke bekam Uta Ranke-Heinemann zwei Söhne, die 1958 und 1960 geboren wurden.

Ab 1955 war sie als Dozentin im Erzbischöflichen Katechetinnenseminar in Bonn tätig, ab 1965 arbeitete sie an der Pädagogischen Hochschule in Neuss. 1969 entschieden acht Männer auf der Deutschen Bischofkonferenz, dass Uta Ranke-Heinemann habilitieren dürfe. Als erste Frau weltweit habilitiere sie in katholischer Theologie und wurde im darauffolgenden Jahr die erste Professorin in diesem Fach.

In den 1970er Jahren war sie in der Friedensbewegung aktiv, engagierte sich in der humanitären Hilfe und besuchte kirchliche Hilfsprojekte in anderen Ländern. Ihre Reisen führten sie z.B. nach Nordvietnam, Indien, Kambodscha und Moskau. Sie trat auf zahlreichen Kundgebungen als Rednerin auf und setzte sich auch für eine Abschaffung von Atomwaffen ein. In diesen Jahren fiel sie erstmals durch ihre kritische Haltung zu vielen kirchlichen Fragen auf.

1980 wurde sie an die Universität Duisburg berufen und fünf Jahre später begann sie an der Universität Essen Neues Testament und Alte Kirchengeschichte zu lehren.

1987 löste sie Furore aus, da sie in einer Live-Sendung des WDRs die Jungfrauengeburt Marias öffentlich anzweifelte. Eine Jungfrauengeburt „sei eben nur für Märchengläubige gültig.“ Daraufhin entzog ihr der Essener Bischof Franz Hengsbach die Lehrbefugnis.

Ende 1987 erhielt sie schließlich als Beamtin auf Lebenszeit einen kirchenunabhängigen Lehrstuhl für Religionsgeschichte. In den darauffolgenden Jahren kam sie zu recht großer Bekanntheit, da sie viel in der Öffentlichkeit, bspw. in Talkshows auftrat. 1987 trug sie erstmals ihr mintgrünes Lederkostüm, das zu ihrem äußerlichen Markenzeichen werden sollte.

Uta Ranke-Heinemann polarisierte durch ihre provokanten Formulierungen, den Papst nannte sie „sexistisch“, den Klerus ein „frauenfeindliches Homosexuellen-Biotop“ und das Christentum eine „2000 Jahre alte Märchenreligion“. Ihrer Papst- und Kirchenkritik, insbesondere in Sachen Sexualmoral, verlieh sie in ihrem 1988 erschienenen Buch „Eunuchen für das Himmelreich“ Ausdruck. Das Buch wurde zu einem internationalen Bestseller. Ranke-Heinemann kritisierte die katholische Kirche immer wieder für ihren Umgang mit den Missbrauchsfällen in den eigenen Reihen und warf ihnen vor, aufgrund ihrer „strikten Geheimhaltung“, mitschuldig an den Taten zu sein.

1992 erschien ihr zweites internationales Bestsellerbuch „Nein und Amen – Mein Abschied vom traditionellen Christentum“. Sie prangerte die „Verstandesfeindlichkeit“ der Theologen an, die die Menschen in der Kirche nur zum Glauben „trainieren“ würde, aber nicht zum eigenständigen Denken. Uta Ranke-Heinemann schrieb: „Und so bin ich fortgegangen, fort von Jungfraumutter und Henkervater“.

1999 kandidierte sie mit der PDS (Partei des Demokratischen Sozialismus) für das Amt der Bundespräsidentin, verlor jedoch gegen Johannes Rau, den Ehemann ihrer Nichte. Ihre Kandidatur war eher symbolischer Art und setzte vor allem ein Zeichen für die Friedensbewegung.

Im Jahr 2001 verstarb ihr Ehemann, Edmund Ranke. Sein Tod habe sie „aus der Verankerung gerissen“. 2003 sagte sie in einer Talkshow, dass sie seit dem Tod ihres Mannes „nur noch aus Melancholie bestehe“. Dennoch wurde sie nicht müde, ihre scharfe Kritik an den Verhältnissen in der katholischen Kirche fortzusetzen. 2002 sagte sie, die „2000 Jahre Frauen- und Sexualfeindlichkeit der katholischen Kirche“ könne sie nicht ertragen. Sie ging weiterhin hart ins Gericht mit der Kirche und dem Papst und äußerte diese Kritik oftmals humoristisch: „Im Vatikan kommst du als Frau nur mit einem Staubsauger nach oben“.

Aus der Kirche austreten wollte Uta Ranke-Heinemann nie. Sie verstand sich „als bleibenden Protest in der katholischen Kirche“ und bezeichnete sich weiterhin als „Christin im Sinne der Bergpredigt“. Zudem hielt Ranke-Heinemann es für wichtig, als Frau in der Kirche für die Rechte der Frauen zu kämpfen.

In ihren letzten Lebensjahren zog sich Uta Ranke-Heinemann zunehmend aus der Öffentlichkeit zurück. Am 25. März 2021 verstarb sie in ihrer Heimatstadt Essen im Alter von 93 Jahren.

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