Frau des Monats März 2021: Ursel Kerstein

02.März 2021 | Frau des Monats

Ursel Kerstein, geb. Fascher

Bremer Politikerin und erste Frauenbeauftragte des Landes Bremen

Geboren am 04.02.1931 in Bremen

Gestorben am 10.11.2013 in Bremen

 

Ursula Kerstein wurde am 4. Februar 1931 als ältestes Kind der Musikpädagogin Edith Fascher und des kaufmännischen Angestellten Friedrich Fascher in Bremen geboren. Nach Beendigung der Waldorfschule, an der ihre Mutter Pianistin und Lehrerin war, studierte sie Sozialpädagogik und war danach als Sozialarbeiterin tätig. Aus der Ehe mit einem Lehrer ging ein Sohn hervor, mit dem zweiten Mann, dem Architekten Thomas Kerstein, bekam sie eine Tochter.

1966 trat Ursel Kerstein in die SPD ein und betreute den Ortsverein Altstadt im Ostertorviertel. Außerdem kämpfte sie in einer Bürgerinitiative gegen den Bau des Atomkraftwerks in Esensham.

Anfang der 1970er Jahre sorgte der Plan des damaligen Bremer Senats, die sogenannte Mozarttrasse zu bauen, bei vielen Menschen für Empörung und Widerstand. Der Bau einer Schnellstraße mitten durch das Ostertorviertel hätte dessen historisch gewachsenen Charakter mit den typischen Altbremer Häusern und Grünanlagen zerstört. Aufgrund des großen Engagements von Ursel Kerstein, Olaf Dinné und vielen anderen konnte dieses Vorhaben verhindert werden.

2009 verliehen der Senator für Umwelt, Bau, Verkehr und Europa und das „Bremer Zentrum für Baukultur“ die „Bremer Auszeichnung für Baukultur“ an Ursel und Thomas Kerstein, sowie 11 weitere Personen, die sich besonders für das historische Stadtbild und die städtebauliche Entwicklung eingesetzt haben.

Von 1975 bis 1981 war Ursel Kerstein SPD-Abgeordnete in der Bremischen Bürgerschaft u.a. Deputierte für Sozialhilfe, Rechtspflege, Strafvollzug und Umweltschutz. Im Verein Bremische Straffälligenbetreuung war ab 1976 aktiv, später als Geschäftsführerin und ab 1994 als Vorsitzende.

Im Dezember 1981 wurde Ursel Kerstein von der Bremischen Bürgerschaft als erste Landesfrauenbeauftragte gewählt und trat ihr Amt im Januar 1982 bei der Zentralstelle für die Verwirklichung der Gleichberechtigung der Frau im Lande Bremen (ZGF) an. Im Gegensatz zu anderen Bundesländern war die Gleichstellungsstelle keine untergeordnete Behörde. Kerstein hatte dafür gesorgt, dass die ZGF bei der Senatskanzlei des Bürgermeisters angesiedelt wurde, so dass die Frauenbeauftragten bis heute beratend an den Senatssitzungen teilnehmen können.

In dieser Funktion war sie 12 Jahre lang sehr erfolgreich, erregte immer wieder auch bundesweites Aufsehen z. B. mit einer Ausstellung über Frauenfeindlichkeit in der Werbung oder einer Studie über Gewalt gegen Frauen. Die Auswertung der Studienergebnisse führte zur Einrichtung des ersten Sonderdezernats für von Gewalt betroffene Frauen, das war einmalig in der Bundesrepublik.

Auch im Schul- und Bildungsbereich setzte sich die Gleichstellungsstelle mit der Analyse von Rollenbildern in Schulbüchern auseinander und rief die „Mädchenaktionstage“ ins Leben, den späteren Girls‘ Day.

Am 20. November 1990 erwirkte die ZGF die Verabschiedung des Landesgleichstellungsgesetzes für den öffentlichen Dienst. Neben den gesetzlich vorgeschriebenen Frauenförderplänen wurde erstmalig eine Frauenquote festgelegt, d.h. Bewerberinnen müssen bei gleicher Qualifikation bevorzugt eingestellt werden.

Anlässlich ihres Todes im November 2013 würdigte der damalige Bürgermeister Jens Böhrnsen Ursel Kerstein als „eine geradlinige, ebenso kämpferische wie unbeugsame Politikerin und eine beeindruckende Persönlichkeit, die sich bis zuletzt in den Dienst der Menschen stellte. Unvergessen ist (…) auch ihr mutiges und wegweisendes Vorangehen (…) um die Gleichberechtigung der Frau durchzusetzen.“

In der Pressemitteilung der ZGF vom 12.11.2013 schrieb ihre Nachfolgerin Ulrike Hauffe:

„Ursel Kerstein hat für Bremen Großes geleistet. (…) Vieles, was wir heute für selbstverständlich halten, hat sie errungen. Ihre Kraft, ihr Mut, ihre politische Klugheit und vor allem ihre Nachhaltigkeit, wenn es um Frauenfragen ging, sind uns Vorbild und Ansporn.“

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