Frau des Monats September 2021: Ana Mendieta

06.September 2021 | Frau des Monats

Ana Mendieta

 

Geboren am 18. November 1948 in Havanna

Gestorben am 8. September 1985 in New York

Kubanisch-US-amerikanische Künstlerin

Die transmedial sowie -kulturell arbeitende Künstlerin Ana Maria Mendieta  bediente in den dreizehn Jahren ihres künstlerischen Schaffens unterschiedlichste Genres. So schuf sie neben Performance- und Land Art auch Konzeptkunst und arbeitete mit Film und Fotografie. Als Kind aus einer regimekritischen Familie von Kuba nach Iowa (USA) geschickt, begann sie von dort aus 1972 ihre künstlerische Karriere. Durch ihre Auseinandersetzung mit Identitätsfragen, dem – insbesondere weiblichen – Körper sowie Sexualität gilt sie als bedeutende lateinamerikanische, feministische Künstlerin der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts, obwohl sie selbst sich diesen Zuschreibungen stets entzog.

In Mendietas Werk lassen sich autobiographische Züge erkennen, welche auf ihre frühe Trennung von Heimatland und Eltern verweisen. 1961 wurde sie mit nur elf Jahren gemeinsam mit ihrer Schwester in ein ihr fremdes Land, die USA, geschickt. Dort lebte sie in einem Heim, einem Internat sowie bei diversen Pflegefamilien. Fünf Jahre später folgte die Wiedervereinigung mit Bruder und Mutter. Erst als der Vater 1979 aus der politischen Haft entlassen wurde, war die Familie wieder gänzlich vereint.

Mendieta begann derweil 1967 an der Iowa State University Kunst und Kultur indigener Völker zu studieren. 1970 folgte ein Aufbaustudium der Malerei, durch welches sie den Künstler und Professor Hans Breder kennenlernte, mit dem sie sowohl künstlerisch kollaborierte als auch eine romantische Beziehung einging. Außerdem kam Mendieta mit der künstlerischen Avantgarde der 1970er-Jahre in Kontakt. Kurz nach ihrem Master of Fine Arts in Malerei, welchen die Künstlerin 1972 erhielt, gab sie die Malerei wieder auf und wandte sich der Mixed Media- und Performancekunst zu. Später, im Herbst 1979, lehrte sie auch selbst als Assistenzprofessorin an der State University of New York at Old Westbury.

Ihre über 200 Werke realisierte Mendieta nicht nur in den USA, sondern auch in Mexiko, Kuba sowie Italien. Sie waren inspiriert von Themen wie: Leben und Tod, Einheit und Verwurzelung von Körper und Erde, feministischen Inhalten, Gewalt, Identität und den vier Grundelementen der Natur. Besondere Bekanntheit erlangten ihre „earth-body works“: Performances in der Natur, welche die Beziehung zwischen weiblichem Körper und natürlicher Landschaft zum Thema haben. Die Künstlerin arbeitete häufig in der Natur und nutzte gern natürliche Materialien wie Blut, Matsch oder Schnee und Eis. Mendietas Einflüsse sind vielfältig, so diente ihr nach einer Auseinandersetzung mit Pyrotechnik auch Feuer als Medium, während ein Archäologiekurs in Mexiko eine weitere Inspirationsquelle darstellte, die für ihr wachsendes Interesse an Bildern von Göttinnen, Begräbnisthemen und prähistorischen Stätten gesorgt haben dürfte. Zudem adaptierte sie für ihre Werke Symbole aus unterschiedlichen Kulturen. Interessant in Bezug auf ihre Arbeitsweise ist, dass Mendieta ihre Kunst ab Mitte der 1970er-Jahre in einem privaten Prozess schuf und erst mit zeitlicher Verzögerung, durch Film und Fotografie, dem Publikum zugänglich machte. Während ihres Studiums realisierte Mendieta auch Live-Performances. Aus dieser Zeit ist beispielsweise ein Werk mit eindrucksvoller Wirkung bekannt, welches sich mit der Gewalt gegen Frauen auseinandersetzt. Im Rahmen von „Rape Scene“ (1973) beugte sich Mendieta mit blutverschmiertem Körper und heruntergezogener Hose über einen Tisch auf ihrem Campus und lud das Publikum ein, die Szene zu betrachten. Die Performance sollte eine Antwort auf die Vergewaltigung und den Mord an einer Kommilitonin Mendietas darstellen.

1983, zwei Jahre vor ihrem Tod, gewann sie den Prix de Rome der American Academy in Rom.

Ana Mendieta starb 1985 mit 36 Jahren durch einen Sturz aus dem 34. Stockwerk des New Yorker Apartments, in welchem sie mit ihrem Ehemann, dem Künstler Carl Andre, lebte. Die Umstände ihres Todes sind bis heute ungeklärt. Im Rahmen eines Mordprozesses wurde Carl Andre 1988 freigesprochen, da begründete Zweifel an seiner Schuld bestanden. In der Folge gab es immer wieder  vor allem feministische Proteste, die zum einen die Aufklärung der Todesumstände von Mendieta forderten, zum anderen die Ignoranz des Kunstbetriebs gegenüber Frauen, vor allem Women of Color, anprangerten. Ein Großteil von Mendietas Werken war lange Zeit nicht zugänglich. Erst 1991 wurde die New Yorker Galerie Lelong mit der Nachlassverwaltung von tausenden Dias, über 100 Filmen, hunderten Fotografien, Negativen, Zeichnungen etc. beauftragt. Es folgten Ausstellungen in verschiedenen bedeutenden Museen, die auch das Interesse von Performance-Künstlerinnen wie Rebecca Horn, Marina Abramovic und anderen weckten. Für feministische Kunstkritikerinnen blieb Ana Mendieta jedoch ein Symbol für den Kampf um die Gleichberechtigung von Künstlerinnen und gegen Rassismus.

Einen kleinen Einblick in Mendietas eindrucksvolles Werk bietet z.B. folgende Webseite: https://www.wikiart.org/de/ana-mendieta

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