Beitrag von Madeleine Weiler

 

Safe Abortion – Eine Utopie?

Am 19 Juli 2022 trat die ersatzlose Streichung von Paragraf 219a StGB in Kraft. Für deutsche Ärzt*innen bedeutet dies, Betroffene uneingeschränkt über die Methoden, Vorgehen und Kosten von Schwangerschaftsabbrüchen informieren zu können. Dennoch ändert dieses Gesetz nichts daran, dass der Vorgang der Abtreibung als solcher immer noch als Straftat gilt. Der Paragraf 218 StGB besagt im Grunde, dass der Abbruch einer Schwangerschaft mit einer Freiheitsstrafe von bis zu drei Jahren oder einer Geldstrafe geahndet wird. Damit wird neben den Ärzt*innen, auch die schwangere Person kriminalisiert, die lediglich ihr Recht auf körperliche und sexuelle Selbstbestimmung wahrnehmen möchte. Eine Abtreibung hat nur dann keine strafrechtlichen Konsequenzen, wenn sie innerhalb der ersten zwölf Wochen der Schwangerschaft erfolgt und die schwangere Person sich einer Beratung unterzieht. Das macht es nicht nur schwierig, medizinische Versorgung zu erhalten, es verstärkt auch das negative Stigma, das die Gesellschaft ihr anlastet.

In der breiten öffentlichen Wahrnehmung werden Schwangerschaft und ihre Abbrüche häufig als „Frauenthemen“ im heteronormativen Sinne deklariert. Dennoch sind von dem Schwangerschaftsabbruchparagrafen nicht nur heterosexuelle cis Frauen betroffen, sondern natürlich auch nicht-binäre Personen, trans Männer und queere Frauen.

Wenn Personen aus dieser Gruppe eine Abtreibungsbehandlung in Anspruch nehmen, sind sie oftmals Stigmatisierung und Diskriminierung in der Gesundheitsversorgung ausgesetzt, wie Misgendering oder unangebrachte Fragen zu ihrer Sexualität und ihrem Geschlecht. Zudem sind queere Menschen häufiger von sexuellen Übergriffen betroffen, weshalb eine gerechte und respektvolle medizinische Versorgung, gerade auch im reproduktiven Bereich, unabdingbar ist.

Das Bündnis für sexuelle Selbstbestimmung deklariert u.a. die sexuelle und reproduktive Selbstbestimmung als Menschenrecht und ruft in diesem Zusammenhang einmal jährlich zum Aktionstag auf. Am 17.09.2022 wird in diesem Zuge gegen den „Marsch für das Leben“ demonstriert. Hierbei treten fundamentale Christ*innen als „Lebensschützer*innen“ für die Menschenrechte von ungeborenem Leben ein. Sie positionieren sich prinzipiell gegen Schwangerschaftsabbrüche bzw. sollen diese nur gewährt werden, wenn das Leben der schwangeren Person bedroht ist. Neben dem Tag der sexuellen Selbstbestimmung gehen am 28.09.22 ebenfalls bundesweit und international Menschen für den Safe Abortion Day auf die Straße. In Bremen ruft die Organisation Feministischer Streik Bremen zum Protest für eine selbstbestimmte Entscheidung für oder gegen eine Schwangerschaft auf dem Bremer Marktplatz aus. Gegen 17 Uhr wird es dazu eine Kundgebung geben.

Ob der Paragraf 218 nach über 150 Jahren aus dem deutschen Strafgesetz gestrichen wird, bleibt noch aus. Fakt ist aber, dass der Bedarf nach sexueller und reproduktiver Selbstbestimmung wie auch die Gesundheitsversorgung ein Recht sein sollte, auf das eine jede Person mit und ohne Uterus ohne Hindernisse zugreifen sollte. Jede*r sollte das Recht auf körperliche Autonomie und die eigene (private!) Entscheidung haben, ob, wann, wie und mit wem Kinder gezeugt werden sollen, ohne Einmischung des Staates.

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