Frau des Monats Mai 2019: Lou Andreas-Salomé

01.Mai 2019 | Frau des Monats

Lou Andreas-Salomé

War eine russisch-deutsche Schriftstellerin, Erzählerin, Essayistin und Psychoanalytikerin. Die Art ihrer persönlichen Beziehung zu prominenten Vertretern des deutschen Geisteslebens – vor allem Friedrich Nietzsche, Rainer Maria Rilke und Sigmund Freud – ist Gegenstand unterschiedlicher Interpretationen. 

Geboren am 12. Februar 1861 in St. Petersburg 

Gestorben am 5. Februar 1937 in Göttingen 

 

Kindheit und Jugend

Louise von Salomé kommt am 12. Februar 1861 in St. Petersburg zur Welt. Ihre Mutter stammt aus Hamburg, ihr Vater ist ein General des Zaren. Während der Vater die Karriere seiner Söhne strikt plant, lässt er seiner Tochter Freiheit. Louise geht nicht regelmäßig zur Schule, sondern lernt allein. In der kulturell vielseitig interessierten Familie werden drei Sprachen gesprochen: Deutsch, Französisch und Russisch.

Als Louise 18 Jahre alt ist, stirbt ihr Vater. Halt findet sie bei dem liberalen niederländischen Pastor Hendrik Gillot, der in St. Petersburg predigt. Sie diskutiert mit ihm über Gott; liest Spinoza, Leibniz und Kant. Der 25 Jahre ältere Gillot ist fasziniert von Louises schneller Auffassungsgabe und verliebt sich in die junge Frau. Er macht ihr sogar einen Heiratsantrag und verspricht, seine Familie zu verlassen. Louise lehnt geradezu schockiert ab, bleibt aber mit ihm befreundet. Ein Muster, das sich in ihrem Leben häufig wiederholt: Männer machen ihr weitgehende Angebote, körperliche Intimität meist eingeschlossen – sie nimmt sich davon, was sie wünscht; sie bestimmt die Bedingungen. Mit Gillot reist sie nach Holland und lässt sich dort auf den Namen „Lou“ taufen und konfirmieren.

Studium

Hungrig nach Wissen und intellektuellem Austausch, schreibt sich die 19-Jährige an der Universität Zürich ein, die als eine von wenigen Hochschulen jener Zeit auch Frauen zum Studium zulässt. Sie belegt Vorlesungen in Philosophie (Logik, Geschichte der Philosophie, Antike Philosophie und Psychologie) und Theologie (Dogmatik). Ein hartnäckiges Lungenleiden zwingt sie jedoch zur Unterbrechung und einer Reise in wärmere Gefilde.

In Rom lernt Lou 1882 die Frauenrechtlerin Malwida von Meysenbug kennen, in deren Salon nicht nur literarische und philosophische Themen diskutiert werden, sondern auch die Emanzipation der Frau. Lou ist begeistert, sie möchte ein Leben jenseits von Konventionen, in Freiheit und Selbstbestimmung.

Freundschaft mit Nietzsche und Rée

Unter Lous neuen Bekannten sind auch Friedrich Nietzsche und Paul Rée. Zwischen den dreien entwickelt sich eine innige Freundschaft. Doch auch diese Männer verlieben sich in sie und machen ihr erfolglose Heiratsanträge. Während die Freundschaft mit Nietzsche letztendlich zerbricht, geht Lou zusammen mit Rée nach Berlin, wo sie einen Studienzirkel gründen. Lou wird dort als einzige Frau bewundert und „Exzellenz“ genannt, Rée hingegen ruft man „Ehrendame“ – vertauschte Rollen! 1885 veröffentlicht Lou ihren ersten Roman „Im Kampf um Gott“, in dem es um den Verlust des Glaubens geht. Positive Kritiken machen sie über Berlin hinweg bekannt.

Ehe

Die Gemeinschaft mit Rée endet, als Lou 1887 den Orientalisten und späteren Göttinger Professor Friedrich Carl Andreas heiratet. Seine feste Absicht sie zu heiraten, hatte Andreas ein Jahr zuvor mit einem Selbstmordversuch unterstrichen, vor ihren Augen. Warum er Lous Bedingung, die Ehe niemals sexuell vollziehen zu wollen, akzeptiert, ist nicht bekannt.
Fortan besteht das Leben der 26-Jährigen aus einer konventionellen Hälfte mit Ehemann und einer ungezwungenen, in der sie weder Pflichten noch engere Bindungen akzeptiert und Liebschaften pflegt. „Ich bin Erinnerungen treu für immer; Menschen werde ich es niemals sein“, schreibt Lou später in einem Brief.

Eine der innigsten Beziehungen hat sie mit René Maria Rilke, der sich ihretwegen „Rainer“ nennt. Ihr Mann zeugt indes zwei Kinder mit dem Hausmädchen Marie, von denen eines früh verstirbt. Lou wirft ihm paradoxerweise sexuelles Fehlverhalten vor. In ihrem gemeinsamen Haus in Göttingen, in das sie nach seinem Ruf an die dortige Universität gezogen waren, „hätte so etwas nicht passieren dürfen“, sagt sie. Wegen ihrer freundschaftlichen Basis erweist sich die Ehe dennoch als langlebig.

Werk und Psychoanalyse

Lous philosophische Texte handeln von Gott, Theater, Erotik und Psychoanalyse; ihr Denken dabei ist modern und weist weit über ihre Zeit hinaus. Die Heldinnen ihrer Romane sind Frauen, die Fesseln sprengen, die ihnen die Normen der Gesellschaft anlegen. Trotz dieser Themenwahl und ihrer eigenen, für Frauen ihrer Zeit atypischen Lebensweise hält sie Distanz zu den sozialen und politischen Zielen und Aktivitäten der Frauenbewegung ihrer Zeit. Erst in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts wird der Großteil ihrer Arbeiten gesichtet und herausgegeben. 

Mit 50 Jahren geht Lou nach Wien und lässt sich von Sigmund Freud zu einer der ersten Psychoanalytikerinnen der Welt ausbilden. Freud schreibt über eine ihrer Arbeiten, sie sei „ein unfreiwilliger Beweis ihrer Überlegenheit über uns alle.“

Lebensende

Im Alter ist Lou schwer herz- und zuckerkrank. Mehrmals muss sie sich im Krankenhaus behandeln lassen. Mariechen, die uneheliche Tochter ihres Mannes und spätere Haupterbin ihres Besitzes, pflegt Lou bis zu ihrem Tod am 5. Februar 1937 in Göttingen.

Nur ein paar Tage später wird Lous Bibliothek von der Göttinger Polizei auf Anordnung der Gestapo konfisziert, da sie als Psychoanalytikerin und einstige Schülerin Freuds „jüdische Wissenschaft“ betrieben habe, so die Begründung. Ein Gedenkstein auf dem Grundstück ihres einstigen Wohnhauses, der „Lou-Andreas-Salomé-Weg“ und das „Lou Andreas-Salomé Institut für Psychoanalyse und Psychotherapie“ erinnern in Göttingen an sie.

 

„Wer ihr begegnete, vermochte sich dem Reiz dieser Persönlichkeit nicht zu entziehen. Nachgerade stereotyp fielen die Komplimente aus. Stets aufs neue nämlich rühmte man an Louise von Salomé – seit dem 26. Lebensjahr in sexuell nie vollzogener Ehe mit dem Orientalisten Friedrich Carl Andreas verheiratet – ihren » scharfen, klaren Verstand« (so Paul Deussen […]), den »königlichen Geist«(so Felix Salten), nannte sie »ein Genie«(so Peter Gast […]), wo nicht gar »das begabteste, nachdenkenste Geschöpf, das man sich denken kann«(so Friedrich Nietzsche […]), oder »ein ganz außerordentliches Wesen«(so unisono Ferdinand Tönnies […], Rainer Maria Rilke, Viktor von Weizäcker und Sigmund Freud).“

  • aus dem Nachwort von Hans-Rüdiger Schwab in: Lou Andreas-Salomé, Im Kampf um Gott, hrsg. von Hans-Rüdiger Schwab, München: dtv 2007

Quellen:

https://de.wikipedia.org/wiki/Lou_Andreas-Salomé, letzter Zugriff: 02.04.2019

https://de.wikipedia.org/wiki/Friedrich_Carl_Andreas, letzter Zugriff: 02.04.2019

https://www.zeit.de/campus/2016/04/psychoanalyse-lou-andreas-salome, letzter Zugriff: 02.04.2019

http://www.fembio.org/biographie.php/frau/biographie/lou-andreas-salome/, letzter Zugriff: 02.04.2019

http://www.spiegel.de/einestages/lou-andreas-salome-femme-fatale-und-freifrau-a-1099355.html, letzter Zugriff: 02.04.2019

https://www.las-institut.de/institut/lou-andreas-salome/, letzter Zugriff: 02.04.2019

Wiesner-Bangard, Michaela/Welsch, Ursula (2002): Lou Andreas-Salomé. „…wie ich Dich liebe, Rätselleben“, eine Biografie. Leipzig: Reclam Verlag.

 

Bildquelle:

Wikipedia

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